20.02.2023
Die Berufungskammer bestätigt die Schuldsprüche von zwei leitenden Angestellten eines Westschweizer Inkassounternehmens in Bezug auf das Inkasso einer von den italienischen Behörden verhängten Busse in der Schweiz (CA.2022.19)



Die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts spricht zwei leitende Angestellte eines Westschweizer Inkassounternehmens schuldig, ohne Bewilligung Handlungen für einen fremden Staat vorgenommen zu haben. Mittels einer Rechnung forderte das Unternehmen bei einem Schuldner das Inkasso einer von den italienischen Behörden verhängten Busse in der Schweiz ein.

Im März 2020 schickte ein Westschweizer Inkassounternehmen eine Rechnung an einen in der Schweiz ansässigen Mann, um eine Busse im Zusammenhang mit einer in Italien begangenen Straftat auf ein Schweizer Bankkonto einzukassieren.

Am 22. Juni 2022 sprach die Strafkammer des Bundesstrafgerichts zwei leitende Angestellte des Unternehmens schuldig der verbotenen Handlungen für einen fremden Staat im Zusammenhang mit dem Versand der oben genannten Rechnung (SK.2021.31). Die Beschuldigten erklärten gegen dieses Urteil Berufung und forderten vor der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts einen vollumfänglichen Freispruch mit der Begründung, dass das Inkasso zulässig gewesen sei und sie eventualiter in einem Verbotsirrtum gehandelt hätten. 

Nach Ansicht der Berufungskammer stellt das Versenden einer Rechnung zum Inkasso eines ausländischen Strafzettels den ersten Schritt zur Vollstreckung eines ausländischen Entscheides auf Schweizer Staatsgebiet dar. Eine solche Handlung unterliegt den Regeln der Rechtshilfe in Strafsachen. Es gab jedoch keinen Vertrag zwischen der Schweiz und Italien, der es den Beschuldigten erlaubt hätte, den Weg der Rechtshilfe zu umgehen, und beim Bundesamt für Justiz war kein Bewilligungsantrag gestellt worden. Die Berufungskammer bestätigt somit die Schuldsprüche der ersten Instanz für den Straftatbestand der verbotenen Handlungen für einen fremden Staat.

Die Beschuldigten A. und B. können sich zudem nicht auf einen Verbotsirrtum berufen, zumal die angeführten Informationen nicht geeignet waren, eine irrtümliche Gewissheit über die Rechtmässigkeit der Handlungen zu schaffen. Sie waren ausserdem Fachpersonen in ihrem Bereich und hatten keine Auskunft bei der für die Rechtshilfe zuständigen Behörde, dem Bundesamt für Justiz, eingeholt.

A., der damals für die Inkassoabteilung des Unternehmens verantwortlich war, und B., Direktor der Gesellschaft, waren beide massgeblich am Versand dieser Rechnung im Auftrag des italienischen Staates beteiligt. Angesichts ihrer jeweiligen Positionen innerhalb des Unternehmens ist die Schuld von B. höher zu bewerten als diejenige von A. Die Berufungskammer belässt daher die Geldstrafe von B. bei 30 Tagessätzen und reduziert die Geldstrafe von A. auf 15 Tagessätze.

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Für die Beschuldigten gilt demgemäss weiterhin die Unschuldsvermutung. Weitere Auskünfte werden derzeit nicht erteilt.


Kontakt:
Estelle de Luze, Kommunikationsbeauftragte, presse@bstger.ch, Tel. 058 480 68 68





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